Sylvia Plath - "Die Glasglocke" | Buch-Rezension

29 März 2016

 
Hallo ihr Lieben,

heute habe ich, Katharina, euch mal wieder eine Buch-Rezension mitgebracht und zwar zu einem echten Klassiker, nämlich Sylvia Plaths "Die Glasglocke" oder wie er im Original heißt: "Under the bell jar".






Autor: Sylvia Plath

Titel: Die Glasglocke (Under the bell jar)

Verlag: Suhrkamp (dt.)

1. VÖ: 1963

Seiten: 262 Seiten (Hardcover)

ISBN: 978-3-518-42365-3






➦ ECKDATEN

Sylvia Plath schrieb ihren autobiographischen Roman "Die Glasglocke" bereits 1953, sie ließ ihn jedoch erst zehn Jahre später veröffentlichen. Tragischerweise nahm sie sich kurz darauf das Leben.  Sylvia Plath schrieb vor allem Gedichtbände, dies ist ihr einziger Roman.

Das Buch hat einen großen Stellenwert in der amerikanischen Frauen-Literatur. Es behandelt die Rolle von Frauen in der Gesellschaft der 1950er, den Erwartungen der Gesellschaft an Frauen und gesellschaftliche Grenzen. Vor allem spricht der Roman  aber von denjenigen Frauen, die unter diesem Gesellschaftssystem leiden.
 
WORUM GEHT'S?
 
Die 19-jährige Protagonistin Esther Greenwood möchte Schriftstellerin werden und ergattert in New York mit einigen anderen Mädchen einen begehrten Praktikumsplatz bei einer Zeitschrift. Wir begleiten sie zunächst bei ihren Erfahrungen während des Praktikums, in der New Yorker High Society der 1950er, bei ihren ersten Erfahrungen mit Männern. Esther findet jedoch keinen richtigen Anschluss und kehrt nach dem Praktikum ausgelaugt und zweifelnd in ihre ländliche Heimat zu ihrer Familie zurück. Dort stellt sie sich existenziellen Fragen des Lebens. Sie driftet schließlich ab in eine Depression und wir begleiteten sie einen Großteil des Romans über auf ihrem Genesungsweg in Form von zwei Klinikaufenthalten.

➦ WIE WIRD'S ERZÄHLT?

Esther ist die Ich-Erzählerin und erzählt uns ihre Geschichte aus der Retrospektive. Ein wichtiges erzählerisches Element im Buch ist der so genannte stream of consciousness, d.h. es finden sich an einigen Stellen inmitten einer chronologischen Erzählung Gedankensprünge oder andere eingeschobene Erinnerungen. Die Geschichte wird dadurch sehr unmittelbar und direkt, als Leser  erfordert das jedoch auch ein hohes Maß an Konzentration.
 
Esthers Geschichte wird von ihr selbst als Erzählerin eher faktenartig erzählt als darüber emotional zu werden oder Hintergründe zu erläutern. Dass es Esther nicht gut geht, erfährt man ebenso faktenartig über eine Auflistung von Symptomen (v.a. Schlaflosigkeit und Erschöpfung). Als Leser bekommt man das Gefühl, dass Esther ihr Leben eher "passiert", als dass sie es wirklich in der Hand hätte. Sie schwankt ständig zwischen Apathie und Verzweiflung. Aus ihrer Unzufriedenheit heraus stürzt sie sie manchmal in etwas waghalsige Unterfangen und fängt z.B. einige Techtelmechtel mit Jungs an. Man könnte sagen, Esther ist hungrig nach Leben und Gefühl.
 
Das Bild der Glasglocke steht in diesem Zusammenhang für Esthers Isolation und Depression. Sie selbst findet zu ihrer Umwelt keinen richtigen Zugang, bleibt in ihrem Kosmos beschränkt und an ihrem eigenen Leben und anderen Menschen teilnahmslos.
 
Neben Esther gibt es nur zwei, drei weibliche Nebenfiguren in ihrem Alter (Mit-Praktikantinnen, frühere Mitschülerinnen) sowie zwei ältere Frauen, die Esther berufsbedingt in ihrer Unabhängigkeit unterstützen: ihre Chef-Redakteurin während ihres Praktikums und eine Psychiaterin. Beide Figuren bleiben aber relativ blass.



BEWERTUNG
 
Für meinen Geschmack erfährt man viel zu wenig vom Innenleben der Hauptfigur Esther, ihrer Vergangenheit oder den Ursachen für ihr Unglück. Ist es ihr Charakter, ihre Erziehung, sind es ihre bisherigen Erfahrungen? Ist es die Gesellschaft? Als Figur bleibt sie dadurch leider unnahbar. Genauso wenig wie Esther die Ursachen für ihre Depression zu kennen scheint, bleibt auch der Leser im Ungewissen. Genauso isoliert, wie Esther mit ihrer Umwelt lebt, ist man auch als Leser ein ganzes Stück weit auf Distanz. Der Genesungsprozess von Esther bspw. wird nicht im Detail beschrieben

Was ich dem Buch ein wenig ankreide ist, dass es  keinen Gegenentwurf zu Esther gibt. Man erfährt zum Beispiel nicht, was die beiden "erfolgreichen" Frauen im Buch, die Chef-Redakteurin und die Psychiaterin, denn von Esther unterscheidet.
 
Ich habe mir im Vorhinein außerdem vom Buch erhofft, dass es etwas von den tatsächlichen, alltäglichen Lebensbedingungen der Frauen in den USA der 1950er vermittelt, etwas über Spielregeln und Missstände erzählt und indirekt Gesellschaftskritik zeigt. Leider ist das Buch so nicht angelegt. Auf der anderen Seite spricht das für mich für die Verzweiflung der Autorin Sylvia Plath, die hier einen großen Teil ihrer eigenen Erfahrungen wiedergibt und offenbar  für sich persönlich auch keinen Ausweg benennen konnte.
 
Für die damalige Zeit ist "Die Glasglocke" dennoch und ohne Zweifel ein thematisch sehr wichtiges, schonungsloses, z.T. vielleicht schockierendes Buch, das einige Tabus im Zusammenhang mit der Rolle der Frau und ihren Rechten in der Gesellschaft anspricht. Als kritische Punkte werden zum Beispiel kurz das Thema Verhütung und die Rolle  der Frau als Mutter im Gegensatz zu der als Karrierefrau angesprochen.
 
FAZIT
 
Mit dem Wissen um den hohen Stellenwert von "Die Glasglocke" in der amerikanischen Frauenliteratur fällt mir ein abschließendes Gesamturteil an dieser Stelle sehr schwer. Für mich bleibt es vor allem aufgrund der Erzählweise (Esther als Ich-Erzählerin und dem stream of consciousness) ein sehr anspruchsvolles, zum Teil sehr schwer zugängliches Buch.
 
Das Buch ist eine Zustandsbeschreibung einer sehr jungen Frau, die Antworten und Perspektiven für sich und ihr Leben sucht, die an ihrer Zeit zunächst verzweifelt und sich langsam ins Leben zurück kämpft. Zum Teil kann man dieses Buch losgelöst vom gesellschaftlichen Kontext lesen. Für dieses Buch sollte man sich aufgrund der Erzählweise aber unbedingt genügend Zeit nehmen!
 
Kennt ihr das Buch bereits?
Wie ist eure Meinung zum Roman?
Habt ihr eventuell schon Gedichte von Sylvia Plath gelesen?

Alles Liebe und macht es gut!
Eure Katharina
 
 
 

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