Gedanken und Lieder zum Neuanfang | Music Monday #97

02 Januar 2017

Nach meinem letzten Post an Weihnachten ist irgendwie die Zeit stehen geblieben. Nicht nur was das Posten anbelangt, sondern auch im nicht-virtuellen Leben. Familiäre Verpflichtungen und noch dazu eine Erkältung aus der Hölle (Wie fühlt sich eigentlich eine Lungenentzündung an?). So klang das Jahr bei mir aus. Ein turbulentes Jahr mit jeder Menge gesundheitlicher Tiefstschläge für wirklich jeden einzelnen aus meinem engsten Familienkreis. Mich trafen allenfalls nur Streifschüsse. Es ist der 2. Januar, technisch gesehen der 1. Januar, an dem ich diesen Post schreibe. Nun heißt es also nach vorne schauen in die neue Woche und das Jahr 2017. Mit Kraft und Optimismus und vielleicht dem ersten Mal mit so etwas wie einem Plan.
 
Doch woher kann diese Energie für das Neue kommen? Da ich euch das an einem Montag frage, ist die Antwort wohl glasklar: MUSIK! Musik ist überhaupt die Antwort auf alles. Von wegen 42. Pah! Dabei treffen wir heute auf sowohl altbekannte Künstler, als auch ein paar wiederentdeckte Favoriten von mir. Wer meinen zum Teil durchaus düsteren Musikgeschmack kennt, weiß, es muss für mich immer auch eine Prise Melancholie und Rückschau in der Musik sein. Das "Woher-du-kommst-und-was-du-durchgemacht-hast" muss für mich einfach erkennbar sein, um mich in einem Song zu verlieren und mich in ihn zu verlieben. Dann darf er für immer in meinem Herzen bleiben. Auch wenn einige, die ich heute ausgewählt habe sehr wehtun werden. Der Beitrag ist mir wieder extrem wichtig und dabei selbsttherapeutisch wie schon häufiger. Das Fünf-Punkte-Programm zum Glück. Is klar, ne? Ich hoffe, hoffe, hoffe, ihr könnt irgendetwas Gutes für euch daraus mitnehmen. 


#1 | Johnny Cash - "Hurt"

 
Zu einem jeden Neuanfang gehört etwas, das man hinter sich lassen will oder jemand, den man hinter sich lassen muss. Johnny Cashs Lied "Hurt" erzählt von Reue und Trauer und beinhaltet auch eine enorm große Portion Wut. Unerträglich für ihn und für den Zuhörer. I hurt myself today to see if I still feel. I focus on the pain, the only thing that is real. Nach diesem Song kann man eigentlich nur völlig zerstört und aufgelöst am Boden liegen. Reine Selbstfolter. Das schlimmste Lied, das es gibt. Aber, ich zitiere: Du musst dahin, wo's weh tut. Erst wenn du das Hindernis vor dir siehst, kannst du den entscheidenden Schritt darüber machen, um nicht weiter im Kreis oder davor weg zu laufen. Die Chancen stehen gut, dass sich danach die leere Straße und der freien Horizont auftut, der einen wieder verzaubern kann. 

#2 | Augustines - "Chapel Song"

 
Doch so einfach ist es nicht Wut und Trauer hinter sich zu lassen. Wir müssen immer wieder im Geiste an den Ort des Geschehens zurück. Dieser eine ausschlaggebende Moment, der dich kurz zerstört hat spielt im Kopf wie ein Endlos-Film, wenige Sekunden immer und immer wieder von vorn. Aber man muss halt hinschauen um wirklich wegschauen zu können. "Chapel Song" von den Augustines kann einen dabei begleiten mit so wunderschönen und vorausahnenden Harmonien im Intro, dass es einem die Tränen, die man sich gerade weggewischt hatte, wieder ins Gesicht zurück treibt. Der Song steht für mich in diesem Zusammenhang jedoch für etwas Positives, für den nächsten Schritt vorwärts. Für realisieren, relativieren und überwinden: Tear up the photograph. Cause it's a bright blue sky. Vielleicht der erste Sonnenstrahl am Horizont. 

#3 | Editors - "The Weight of the World"

 
Wenn ich über Songs schreiben soll, die mich tief berühren und von Abschied und Neuanfang erzählen, dann darf dieser eine, ganz bestimmte Song nicht fehlen: "Weight of the World" von den Editors. Diese hochgelobte Band hatte ich für mich fast schon abgeschrieben, weil ich einfach keinen wirklichen Zugang zu ihrer Musik fand. Zum Glück dann doch. Danke Maja! Der Song ist für mich eine Hymne an das Gute, das irgendwann unweigerlich einfach kommen muss, ganz rational, logisch und mathematisch. Es gibt keinen Ausweg, man weiß halt nur nicht wann und welchen Weg man dafür wählen muss. Der Song ist für mich Offenbarung und Erlösung zugleich (ja, ich werfe hier als Atheist in vollster Absicht mit religiösen Begriffen um mich), auch wenn sie nur eine Zukunftsvision bliebt: Every little piece in your life will add up to one. Every little piece in your life will mean something to someone. Love replaces fear. Die letzten erlösenden Tränen, die Schultern schon leichter, der innere Frieden näher als zuvor.
 
#4 | Crosses - "Prurient"

 
Chino Moreno, Mastermind der Deftones, kann ja eigentlich nur extrem düstere Metal-Songs. Was er mit seiner Zweit-Band Crosses (†††) auf die Beine gestellt hat, ist ganz anders. Ein Zeugnis dafür, dass Veränderung möglich ist, vielleicht. Hört man den Song und mag die ersten Töne, kann man gar nicht anders, als sich extrem ausgeglichen zu fühlen, auf Wolken schwebend vor Leichtigkeit. Etwas, das man einfach nicht kommen sah. Frei sein, genießen, sich fallen lassen. Das Gute annehmen. Ja, es ist zeitlich begrenzt. Und: Ja, die Welt kann auch scheiße. Aber: Das kann auch mal für drei Minuten einfach scheiß egal sein!!! *räusper* Und dann dreht sich der Song tatsächlich auch noch um Sex. *Hände vor die Augen schlagen* I know you want to try it so go and dive in, taste it, like it. Ein Stück vom Glück. 
 
#5 | We Were Promised Jetpacks - "Quiet Little Voices"


Nun könnte man denken: Schau, fein, wir sind am Ende angelangt. Die Heilung ist vollzogen. Wir liegen im warmen, zuckrig-süßen Glückskokon. Um uns die Sonne, der Regenbogen und tausend Schmetterlinge. Richtig? Ja, das passt schon, jedem das Seine. Aber zum Neuanfang taugt dieses Gefühlsstadium dann halt auch nicht. Also muss sofort noch kurz vor Ende ein antreibender Rocksong mit einem Hauch Punk her. Sofort. Und damit kommen wir zu meinem absoluten Wiederentdeckungs-Knüller des Jahres und damit Inspiration, um heute diesen Beitrag zu schreiben: "Quiet Little Voices". Wie konnte ich diesen Song, der nun wieder an vielen Dezember-Abenden  mein Überleben gesichert hat, nur so lange vergraben haben? Wie konnte ich diese Energie vergessen? Diese Schlagkraft? Diese wohltuende rotzige Haltung, die ich als ruhiger, introvertierter Mensch so brauche? Noch dazu diese psychologische Anleihe im Titel? Einen Song, der die ganze Geschichte erzählt! Alter. Wie nur?!? Quiet little voices creep into my head:  I'm young again. I'm young again! I'm young again!!!  I'M YOUNG A-G-A-I-N!!! Ich liege in der Ecke, glücklich, kraftlos und doch voller Energie. Alles wird gut.
 
 
Damit liegt eine emotionalen Achterbahn-Fahrt aber auch ein Heilungsprozess hinter uns. Alles bringt vorwärts! Habt ihr alle Songs durchgehalten? Einige sind an sich unhörbar, so extrem voller Schmerz, andere sind besser verdaubar. Jeder hatte heute seine ganz eigene Aufgabe. Ich liebe sie alle mit jeder Faser!
 
Was kann ich abschließend sagen? 2016 war das wohl negativste Jahr ever. Naja, Top2 auf jeden Fall. Im Dezember hat sich unerwartet dann noch eine ganze Menge zum Guten gewendet. Unerwartet, vielleicht auch wohl verdient durch lange, harte Arbeit. 2016 hat mir aber auch gezeigt, wie viele gute Menschen es gibt - ein Aspekt, der ja so gerne untergeht. Menschen, die einem plötzlich sagen, dass sie einen seit Jahren wahrnehmen und, ja, gut finden. Und dabei dachte man ja, dass man unsichtbar ist. Erstaunlich, irgendwie. We hope for the best.
 
Innerlich hat mich das Ganze aber eben auch verändert. Wie zu erwarten. Ich merke, dass ich ganz viel im nicht-virtuellen Leben verändern will und muss. Wie sich das zeitlich und inhaltlich auf den Blog auswirkt, kann ich noch nicht sagen. Weiter geht's auf jeden Fall, vielleicht nicht mehr ganz so häufig. Auf jeden Fall muss es eine andere Balance geben. Egal, genug Cliffhanger (die eigentlich gar keine sein sollten).

Wie 2015 und 2016, wird  die liebe Maja auch 2017 auf DoubleBlushed regelmäßig einen Montagssong präsentieren. So auch gleich heute in der ersten Woche zum insgesamt 50. Mal. Wahnsinn wie die Zeit vergeht! Das Zitat des Tages bei ihr heute: "Conquer fear, new ideas. See these kids, pioneers for future years. Visions clear what this is. This is hope." Klickt rein!

Ich hoffe, euch geht es allen gut und ihr seid wohlbehalten im neuen Jahr angekommen! Alles Liebe und vielen Dank für das immerhin einzigartig großartige Blog-Jahr 2016!!! ♥♥♥
 
Eure Katharina
 
 

2 Kommentare:

  1. Dieser Beitrag ist so, so, so schön und wunderbar für den Jahresanfang! Selbsttherapie, extrem gut, extrem wichtig. Ich kann die Reise total nachempfinden, irgendwie sorgt sie mich aber auch.

    Es freut mich, dass auch ich dir etwas näher bringen konnte. Danke für das letzte Jahr und nicht nur die Konstante am Montag. Alles Liebe für 2017 an euch beide. ♥♥♥ Maja

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  2. Einfach nur: Lieben Dank für alles! ❤️❤️❤️
    Katharina

    P.S.: Ein bisschen kreative Freiheit nehme ich mir ja schon bei den Texten bei denen es um das Innenleben geht. Insofern, trifft nicht jedes einzelne Wort immer 100%ig (gerade) auf mich zu. Also keine Sorgen machen.

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