Alberto Moravia - "La Noia" | Buch-Rezension

12 April 2017

Wenn ich so durch die Straßen laufe und fremde Paare an mir vorbeigehen, frage ich mich manchmal, was gerade diese beiden Personen verbindet. Vor allem, wenn beide auf den ersten Blick so gar nicht zusammen zu passen scheinen. Ich frage mich dann, was beide wohl aneinander möge oder bewundern, was ihr gemeinsamer Nenner ist. Aber vielleicht auch welche Dinge sie am anderen nur tolerieren oder gar nicht mögen. Um dieses Thema dreht sich das Buch, was ich euch heute vorstellen möchte: „La Noia“ (dt. die Langeweile) von Alberto Moravia aus dem Jahr 1960.



Inhalt
 
Der aus reichem Elternhaus stammende 35-jährige Maler Dino lernt nach dem Tod seines Maler-Freundes Balestri dessen 16-jährige Muse und Geliebte Cecilia kennen. Aus einer Affäre entwickelt sich schnell eine eigenartige Obsession mit dem jugendlichen Mädchen, das für Dino stets auf eine gewisse Art unzugänglich bleibt. Tiefergehende Gespräche, in denen Dino beharrlich versucht mit den detailreichsten Fragen etwas mehr über Cecilias Gedanken und Gefühle herauszufinden, scheitern. Cecilia bleibt mit ihren knappen naiv wirkenden und nichts sagenden Antworten undurchsichtig und so wird Dino im Gegenzug von Tag zu Tag frustrierter und versucht schließlich sogar Cecilia mit Geld an sich zu binden. Eine ungleiche Liebesgeschichte, die eigentlich gar keine ist.

 
Bewertung

Beide Hauptfiguren sind extrem unsympathisch, was wohl nicht ganz ungewollt ist. Eigentlich ein guter Grund, um das Buch sofort wegzulegen. Aber irgendwie bleibt man dennoch dran, um zu erfahren, wer Cecilia wirklich ist und was sie bewegt, wann Dino endlich einsehen wird, dass er Cecilia so zu nehmen hat wie sie ist und wie sich beide arrangieren werden. Die Sprache im Buch ist alles in allem sehr verschachtelt, meist dann, wenn Dino über seine eigenen Empfindungen und Gedanken spricht. 

Anhand des Buchtitels und des Umschlagtextes hätte ich mir das Thema Langeweile in einer Beziehung in der Umsetzung etwas anders vorgestellt. Nämlich die Art von Langeweile, die vielleicht nach vielen Jahren des Zusammenseins eintritt. Dinos selbst beschreibt seine Langeweile so: „Langeweile, entsteht in mir aus dem Gefühl der Absurdität einer Wirklichkeit, die, wie gesagt, unzureichend ist, das heißt, die mich nicht von ihrem wirklichen Dasein zu überzeugen mag.“ Als Leser bleibt man über das Motiv der Langeweile ein wenig im Dunkeln. Ist es der Maler, den sein Leben langweilt, das von seiner reichen Mutter finanziert wird? Ist Dino von Cecilia gelangweilt, die immerhin keinerlei emotionale oder gedankliche Tiefe zu besitzen scheint? Oder ist gar das Mädchen Cecilia tief im Inneren eigentlich von Dino gelangweilt?
Fazit

Obwohl in "La Noia" an sich nicht viel passiert (Treffen, Gespräche, Treffen, Gespräche etc.), ist es unterm Strich doch ein Buch, was Emotionen und eine gewisse Neugier in mir geweckt hat, obwohl mich die Beharrlichkeit von Dino schon nach wenigen Seiten zur Weißglut gebracht hat. Enttäuscht hat mich, dass nicht wie im Klappentext versprochen auf Beschreibung des Psychogramms einer Beziehung eingegangen wird. Da die beiden Figuren sehr den klassischen Rollenbildern entsprechen und wenig emanzipiert wirken, bleibt es für mich letztlich ein Buch der 1960er und damit irgendwie überholt.
***
Ich würde jetzt gerne wissen:
Interessieren euch Rezensionen zu Büchern, die mir nicht gefallen haben?
Und: Interessieren euch überhaupt Rezensionen zu "Klassikern"?

Alles Liebe und bis bald!
Eure Katharina
 

10 Kommentare:

  1. Hallo liebe Katharina,

    ich habe früher sehr viel und sehr gerne gelesen. Irgendwie wurden all die schönen Bücher irgendwann von Fachbüchern als Abendlektüre abgelöst.

    Am spannendsten fand ich es damals, mich mit anderen auszutauschen die das gleiche Buch gelesen haben. Egal, ob es einem gefiel oder nicht: Man hatte reichlich Gesprächsstoff. Und desto weniger man es leiden konnte, desto mehr Diskussionen kamen zu Stande.

    Was ich sagen möchte: Auch wenn dir das Buch nicht gefallen hat, finde ich es wunderbar wenn du darüber schreibst. Der Schreibstil hört sich zum Lesen allerdings recht anspruchsvoll an. Schon allein die Definition von Langeweile hinterlässt doch tausende Ideen zur Interpretation :D

    Die Hauptthematik "Langeweile" hätte ich auch allerdings auch ganz anders in einer Beziehung dargestellt. Hier scheint es ja eher ein hin und her zu sein und keiner weiß so recht vom anderen was er halten soll. Aber vielleicht liegt dessen auch eine "Langeweile" zu Grunde. Weil es in manchen Beziehungen einfach kein Vorwärtskommen gibt.

    Ich freue mich auf weitere Buchvorstellungen von dir :)

    Entschuldige bitte wenn ich nur noch selten Kommentiere. Aber auf meinem Blog ist es selbst ja auch sehr ruhig geworden, was immer noch an meiner Uni liegt (und wohl auch noch einige Zeit so bleiben wird).

    Ich wünsche dir ein wunderschönes Osterfest :)

    Viele liebe Grüße

    Nina

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    1. Liebe Nina,

      wie süß von dir!!! Sooo ein langer Kommentar und dann auch noch als Entschuldigung. Oh man, das muss doch nicht sein. Ich bin im Moment auch total aus der Regelmäßigkeit des Bloggens heraus, was einerseits schon Schuldgefühle macht (im Vgl. was man halt so vorher "geschafft hat"), andererseits tut es mir persönlich im Moment um so vieles besser. Ein zweischneidiges Schwert...

      Ich habe auch ewig nach dem Studium kein Buch mehr gelesen und dazu muss man ja wissen, dass ich/wir u.a. Germanistik studiert haben. Das ist es irgendwie noch krasser. Ich kann das also voll verstehen.

      Es freut mich sehr zu lesen, dass dir der Beitrag "trotzdem" gefallen hat. Ich versuche die Rezension ja zumindest am Anfang neutral zu halten. Manchmal halte ich das aber dann nicht durch und das ärgert mich im Nachhinein dann schon etwas. Aber ok. Ich arbeite dran. ;)

      Weitere Buchvorstellungen sind schon in Arbeit! :)

      Ich hoffe, du hast noch einen schönen Ostermontag!
      Katharina

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  2. Liebe Katharina,

    bitte schreib deine Rezensionen unabhängig von "zu empfehlen" oder eben nicht. Auch wenn es nicht gefällt, ist dein Fazit spannend und deine "Bewertung" (das Wort fand ich komisch in diesem Zusammenhang) ist nicht bloß dahingeworfen. Ich freue mich, dass du endlich "durch" mit dem Lesen bist und weitere tolle Bücher auf dich warten!

    LG

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    1. Liebe Anonyma/lieber Anonymus,

      ich freue mich sehr über deinen Kommentar! Ich lese selbst auch "negative" Rezensionen und am liebsten ambivalente Meinungen, da ich so dann das Gefühl habe, eine Rundum-Perspektive erhalten zu haben.

      Die nächsten Rezensionen sind in Planung!

      Liebe Grüße
      Katharina

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  3. Liebe Katharina...
    ich finde Buchrezensionen immer sehr spannend, da man so entweder für sich entscheidet... könnte mir gefallen oder gut, dass wäre nichts für mich. Bitte weiter so =) du hast eine tolle Art zu schreiben. Momentan lese ich die 8Nacht von Fitzek...nicht schlecht.
    Hab ein wunderschönes Oster WE
    Glg Tina

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    1. Hallo liebe Tina,
      schön, dass du auch bei den Buchrezensionen immer so fleißig mitliest! :) Lieben Dank für das positive Feedback! Ich lese selbst auch am liebsten widersprüchliche Meinungen zu einem Buch und höre sehr gerne Diskussionen, so dass man sich dann sein eigenes Bild machen kann.

      Ich hoffe, du hattest ein schönes Osterfest!
      Liebe Grüße
      Katharina <3

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  4. Hi liebe Katharina :)
    Ich muss ja ehrlich zugeben, dass ich dieses Buch nie im Leben näher betrachtet hätte oder gar gelesen. Gerade deswegen finde ich den Beitrag aber umso interessanter, falls das irgendwie Sinn ergibt.
    Mir gefällt das Zitat extrem gut: „Langeweile, entsteht in mir aus dem Gefühl der Absurdität einer Wirklichkeit, die, wie gesagt, unzureichend ist, das heißt, die mich nicht von ihrem wirklichen Dasein zu überzeugen mag.“ Für mich beschreibt das so einen Zustand, der mir sehr bekannt vorkommt, verrückt.

    Hab schöne Feiertage! <3

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    1. Hallo liebe Maja,

      wie schön, dass du trotzdem in diesen Post geklickt hast und dich dann sogar in dem Zitat wiedergefunden hast. Sehr cool! Das ehrt mich auch gerade etwas. Hach. :)

      Hinter dem Motiv "Langeweile" könnte man ja jetzt einen riesigen Fächer aufmachen, denn was tun wir nicht alles aus Langeweile. Alles, weil es unserem Leben einen Sinn gibt?
      Und vllt entsteht auch die Obsession mit einer Person daraus. Spannend, ich muss gerade noch mal anders über das Buch nachdenken...

      Liebsten Dank und bis bald!
      Katharina <3

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  5. Liebe Katharina,
    ich wollte das Buch schon immer lesen und jetzt werde ich es bestimmt tuen. Auch wenn es nicht mehr in unsere Zeit passt, hat mich deine Besprechung neugierig gemacht. Ich finde es immer wieder spannend Klassiker zu lesen, gerade weil sie oft so anders sind. Und natürlich lese ich auch gerne deine Besprechungen von Büchern, die dir nicht so gut gefallen.
    Liebe Grüße und schöne Ostertage wünschen die Vorleser

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    1. Ich bin gerade total begeistert, dass jemand dieses Buch überhaupt kennt!!! :D Denn Alberto Moravia kenne ich doch eher mit anderen namenhaften Werken, als diesem hier. Klassiker messen sich ja gerade daran, dass sie eben zeitlos sind. Das fand ich hier z.Bsp. nur sehr bedingt.

      An dieser Stelle muss ich dir dann noch die französische Verfilmung empfehlen, über die ich auf das Buch aufmerksam gemacht wurde. Den Link findest du hier: http://grossstadtgedanken.blogspot.de/2014/11/book-haul-1.html

      Liebsten Dank und viele Grüße!
      Katharina

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